Ein Tag und eine Nacht im Ramadhan (teil 2 von 2): Gottesdienst in der Nacht
Beschreibung: Eine typische Nacht im Leben eines Muslim im Ramadhan.
- von M. Abdulsalam (© 2008 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 05 May 2008
- Zuletzt verändert am 12 May 2008
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Nach dem Gebet bei Sonnenuntergang kehren die Muslime in ihre Häuser zurück, wo sie wieder eine Kleinigkeit essen oder ihr Abendessen einnehmen. Allerdings essen die meisten Leute nicht so viel, denn es stört sie sonst später, wenn sie am Gottesdienst teilnehmen wollen, der die Freude des Muslim im Ramadhan darstellt – das Tarawieh Gebet. Dieses Gebet wird unmittelbar nach dem Nachtgebet gebetet, das verrichtet wird, sobald die letzten Strahlen des Sonnenuntergangs verschwunden sind, etwas eineinhalb Stunden nach dem Gebet bei Sonnenuntergang.
Das Tarawieh (Nachtgebet)
Das Tarawieh ist ein besonders Gebet, das in der Gemeinschaft gebetet wird. Es ist ziemlich lang, es dauert von einer Stunde bis eineinhalb Stunden. In jeder Nacht des Ramadhan wird es verrichtet und die meisten Imame oder Vorbeter versuchen, darin den ganzen Qur´an zu rezitieren. Darin beten die Muslime zu ihrem Herrn, stehend, sich verbeugend und niederwerfend und erhalten die Gelegenheit den Qur´an im Ganzen zu hören, die Verse melodisch vorgetragen zu bekommen, als wäre er ihnen hier und jetzt offenbart worden. Moscheen mit erfahrenen Lesern füllen sich schnell, daher kommen die Betenden schon eher, um sich ihre Plätze freizuhalten. Manche Moscheen fassen über tausend Betende, die aus der ganzen Stadt kommen, um dort am Gebet teilzuhaben. In der Tat ist es eine Erfahrung auf die man ein ganzes Jahr gewartet hat. Das Tarawiehgebet ist ein Mittel, um Vergebung zu erlangen, wie der Prophet sagte:
“Wer im Nachtgebet im Ramadhan steht, an Gott glaubt und auf Seinen Lohn hofft, dem werden alle seine vergangenen Sünden vergeben.” (Sahieh Al-Bukhari)
Die Betenden hören der Qur´anrezitation im Gebet zu und denken über seine Bedeutung nach, und die Stimme des Imam hat großen Einfluss auf die Menschen. In verschiedenen Moscheen kann man nicht selten sehen, wie die Menschen zu weinen beginnen, wenn sie Verse hören, die von Gottes Segnungen, Seiner Gnade und Seiner Liebe, von Seinem Paradies, das Er den geduldigen Gläubigen vorbehalten hat oder die von dem Leiden in der Hölle sprechen. Der Qur´an ist eine Offenbarung, die jedes Individuum anspricht und so fühlt jeder Einzelne, dass Gott ihn direct anspricht, wenn er ihn hört. Daher sind die Gefühle, die bei der Qur´anrezitation aufwallen wirklich unvergleichlich und unbeschreiblich.
Am Ende des Tarawiehgebets erheben der Imam und die Gemeinde ihre Hände und machen Bittgebete für sich und für die Muslime; sie bitten Gott um die Vergebung ihrer Sünden, dass Er ihnen Stärke verleiht, um ihren Glauben zu praktizieren und standhaft zu bleiben, dass Er sie in das Paradies eintreten lässt, dass Er die Kranken heilt, dass Er den Verstorbenen vergibt und sie bitten Ihn um die guten Dinge in dieser Welt und in der nächsten Welt. Sie bitten Gott, sie vor der Strafe am Tag des Gerichts zu bewahren, ihre Abrechnung an jenem Tag zu erleichtern und die Leiden ihrer muslimischen Brüder auf der ganzen Welt zu mindern. Es ist nicht ungewöhnlich, die Mehrheit der Gemeinde unter Tränen ihren Herren anflehend zu finden. Tatsächlich ist das Tarawiehgebet einer der Höhepunkte im Ramadhan, und es spielt eine große Rolle dabei, die Muslime zu inspirieren und ihnen Redlichkeit zu verleihen.
Nach dem Tarawieh kehren die Muslime in ihre Häuser zurück, essen Abendessen und dann erholen sie sich in ihren Betten, damit sie am nächsten Morgen wieder zu der Mahlzeit vor der Morgendämmerung aufstehen können.
Wie man sehen kann, ist der Ramadhan ein Monat, in dem verschiedene gottesdienstliche Handlungen für Gott verrichtet werden. Ramadhan ist wie eine Übungszeit, in der die Muslime ihren Lebensstil so verändern, dass er Gottes Befehlen mehr entspricht. Von der Zeit an, zu der der Mensch am Morgen erwacht, den gesamten Tag hindurch und bis in die Nacht hinein verrichtet der Muslim verschiedene gottesdienstliche Handlungen, zu manchen ist er verpflichtet, andere macht er freiwillig, aber alle vollzieht er, um seinem Herrn zu gefallen. Dieser Monat ist tatsächlich ein Schlüsselfaktor im Leben der Muslime, eine Zeit der Verjüngung, in der der Gläubige für ein neues Jahr seines Lebens inspiriert wird, der mit der Zufriedenheit Gottes erfüllt ist und Seinen Zorn vermeidet.
Es gibt noch andere Besonderheiten im Ramadhan.
Die letzten zehn Nächte
1. “Wahrlich, Wir haben ihn (den Qur´an) herabgesandt in der Nacht von Al-Qadr.
2. Und was lehrt dich wissen, was die Nacht von Al-Qadr ist?
3. Die Nacht von Al-Qadr ist besser als tausend Monate.
4. In ihr steigen die Engel und der Geist (Gabriel) herab mit der Erlaubnis ihres Herrn zu jeglichem Geheiß.
5. ‘Friede’ ist sie bis zum Anbruch der Morgenröte.” (Quran:97:1-5)
Es war Ramadhan, als der Qur´an von den Himmeln auf die Erde herabgesandt wurde. Genauer gesagt, es war in einer der letzten zehn Nächte dieses gesegneten Monats. Der Prophet, Gottes Segen und Frieden sei auf ihm, sagte:
“Erwartet die gesegnete Nacht in den letzten Zehn.” (Sahieh Al-Bukhari)
In jener Nacht sind die gottesdienstlichen Handlungen und guten Taten besser, als wenn sie über tausend Monate verrichtet werden, wie in dem oben zitierten Qur´anvers gesagt wird. Daher vermehrte der Prophet, Gottes Segen und Frieden sei auf ihm, seinen Gottesdienst, indem er die ganze Nacht im Gebet wach blieb.
“Wenn die [letzten] zehn [Nächte] des Ramadhan anbrachen, krämpelte der Prophet seine Ärmel hoch und verlieh der ganzen Nacht Leben und weckte seine Familie.” (Sahieh Al-Bukhari)
Die Muslime erwarten diese gesegnete Nacht, damit ihr Lohn vermehrt wird. Muslime verbringen die ganze Nacht im Gottesdienst, vom Beten des Tarawiehgebets über Qur´anlesen, Bittgebete sprechen bis hin zu freiwilligen zusätzlichen Gebeten. Während dieser Nächte wird in den Moscheen sogar noch ein zusätzliches Gebet verrichtet, das eineinhalb bis zwei Stunden dauert und kurz vor der Zeit für die Mahlzeit vor der Dämmerung endet. Die Nächte leben vor Gottesdienst und die Menschen strengen sich mit all ihrer Kraft an, dies zu tun, um zu versuchen, diese geehrte Nacht im Gottesdienst zu verbringen. Der Prophet, Gottes Segen und Frieden sei auf ihm, sagte:
“Wer in der gesegneten Nacht im Gebet verbrachte, an Gott glaubte und Seinen Lohn erhoffte, dem werden alle seine vergangenen Sünden vergeben.” (Sahieh Al-Bukhari)
Ramadhan ist ein Monat der Vergebung und die Menschen hoffen, dass sie zu denjenigen gehören werden die vor dem Feuer gerettet werden:
“Gott erwählt wen Er will (im Ramadhan), der vor dem Feuer gerettet wird, und zwar in jeder Nacht. ” (Al-Tirmidhi)
Aus diesem Grund fasten, beten und erwarten die Menschen die geehrte Nacht, damit ihnen ihre Unzulänglichkeiten vergeben werden und sie in das Paradies eintreten dürfen.
Umrah (Kleinere Pilgerreise nach Mekka)
Der Prophet, Gottes Segen und Frieden sei auf ihm, ermunterte die Leute, die Kaaba zu besuchen und die kleinere Pilgerreise oder Umrah zu vollziehen. Er sagte:
“Tatsächlich die Umrah im Ramadhan zu vollziehen entspricht dem Hağğ mit mir.” (Sahieh Al-Bukhari)
Deshalb zieht es Millionen von Pilgern nach Mekka, um diese kleinere Pilgerreise zu machen. Die meisten kommen während der letzten zehn Tage des Monats in der Hoffnung, die Belohnung des Hağğ zu verdienen und um an den Gebeten bei der Kaaba teilzunehmen, eine unglaubliche Erfahrung für den Gläubigen. Man trifft Muslime aus allen Teilen der Welt, aller Kulturen und aller Rassen, und alle nehmen an dem gemeinschaftlichen Fasten des Tages und dem Gottesdienst die Nacht hindurch teil, um die Zufriedenheit ihres Schöpfers, ihres Herrn zu erlangen.
Ein Monat der Vergebung
Wir erwähnten verschiedene prophetische Aussagen, die feststellen, dass die unterschiedlichen Arten des Gottesdienstes Mittel zur Vergebung sind. Fasten, Tarawiehgebet und das Beten in der geehrten Nacht – das alles sind Mittel der Vergebung.
“Wer den Monat Ramadhan fastet, an Gott glaubt und Seinen Lohn erhofft, dem werden alle seine vergangenen Sünden vergeben.” (Sahieh Al-Bukhari)
“Wer im Ramadhan das Nachtgebet verrichtet, an Gott glaubt und auf Seinen Lohn hofft, dem werden alle seine vergangenen Sünden vergeben.” (Sahieh Al-Bukhari)
“Wer in der geehrten Nacht im Gebet stand, an Gott glaubt und Seinen Lohn erhofft, dem werden alle seine vergangenen Sünden vergeben.” (Sahieh Al-Bukhari)
Ramadhan ist allgemein der Monat der Errettung vom Höllenfeuer:
“Gott wählt (im Ramadhan) aus, wer vom Feuer gerettet werden wird - und das in jeder Nacht.” (Al-Tirmidhi)
Ein Monat der Wohltätigkeit
Wie schon zuvor erwähnt, bemühen sich die Menschen, andere zu speisen oder ihnen Lebensmittel zukommen zu lassen, mit denen sie ihr Fasten brechen können, und sie spenden bedürftigen Familien Lebensmittel, damit diese im Monat Ramadhan genug zu essen haben. Abgesehen davon sind die Menschen im Ramadhan allgemein wohltätiger, denn die Wohltätigkeit wird als eine Form des Gottesdienstes angesehen, und Gott wird sie dafür belohnen. Der Gefährte des Propheten, Abdullah bin Abbas sagte:
“Der Prophet war der großzügigste Mensch, und im Ramadhan war er sogar noch großzügiger.” (Sahieh Al-Bukhari)
Um ihre guten Taten zu vermehren, wählten manche Muslime ebenfalls den Monat Ramadhan, um ihre Zakat[1] oder das Pflichtalmosen zu entrichten.
Sich in Einsamkeit zurückziehen
Es gibt eine besondere Form des Gottesdienstes im Islam, bei dem man sich für eine gewisse Zeit lang in die Moschee zurückzieht, sei es für einen Tag oder für eine Woche, und man verbringt seine Zeit mit der Qur´anrezitation und dem Lobpreisen Gottes, was wiederum eine Übung für den Menschen ist, sein Leben ganz Gott zu widmen. Indem man sich von der alltäglichen Routine abkapselt und ganz dem Gottesdienst hingibt, lernt man, Prioritäten zu setzen und dem Leben in dieser Welt weniger Beachtung zu schenken. Der Prophet, Gottes Segen und Frieden sei auf ihm, praktizierte selbst auch dieses Zurückziehen, das I’tikaaf genannt wird, in den letzten zehn Tagen des Ramadhan. Er schlug ein Zelt in der Moschee auf und zog sich darin zurück, wo er sich ganz den unterschiedlichen Arten des Gottesdienstes widmete.
Muslime auf der ganzen Welt versuchen, sich von ihrer Arbeit oder Schule frei zu nehmen, um diesen Gottesdienst zu erfüllen, aber aufgrund der Schwierigkeit, ganz vom alltäglichen Leben abzuschalten, gelingt dies nur wenigen Menschen. Nichtsdestotrotz findet man in den Gemeinschaftsmoscheen nur wenige Menschen, die diesen Gottesdienst wahrnehmen.
Schlussfolgerung
Wie man sehen kann, ist Ramadhan für die Muslime auf der ganzen Welt eine wirklich besondere Zeit. Es ist ein Monat des Gottesdienstes, in dem die Sünder bereuen und sich Gott wieder zuwenden und die Gläubigen ihren Glauben erneuern. Es ist eine Übungszeit, in der man sich daran gewöhnt, ein Leben im Einklang mit den Befehlen Gottes zu führen und Seine Zufriedenheit zu suchen. Es ist eine Zeit, in der man seine Verbindung zu Gott stärkt. Es ist eine Zeit, in der der Mensch sich selbt dazu erzieht, zusätzliche gottesdienstliche Handlungen zu den Pflichten zu verrichten. Der Monat Ramadhan ist ohne Vergleich, und die Gefühle der Muslime in diesem Monat sind unbeschreiblich. Aus diesem Grund baten die Gefährten des Propheten Gott, ihnen die Gnade zukommen zu lassen, Ramadhan bereits sechs Monate vor seinem Beginn und sechs Monate nach seinem Ende erleben zu können, und sie baten Gott um Vergebung für ihre Unzulänglichkeiten darin. Wir bitten Gott, das Fasten und die Gebete der Muslime in diesem gesegneten Monat anzunehmen, und anderen die Rechtleitung zuteil werden zu lassen, um in der Lage zu sein, ihn als Muslime fasten zu können.
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