Islamisches Erbe und das Testament (teil 1 von 2): Das islamische Testament
Beschreibung: Ein kurzer und grundsätzlicher Umriss von der Wichtigkeit eines Testaments.
- von Aisha Stacey (© 2015 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 04 May 2015
- Zuletzt verändert am 04 May 2015
- Gedruckt: 92
- Gesehen: 21,056
- Bewertet von: 131
- Emailed: 0
- Kommentiert am: 0
Der Islam ist viel mehr als nur eine Religion, er ist eine Lebensweise. Der Islam ist eine Rechtleitung von Gott, die uns durch das Leben führt und wenn Gott will auch noch in das nächste Leben. Aus diesem Grund leitet Gott uns durch den Prozess des Todes und des Sterbens. Der Tod kommt zu jedem von uns, allerdings gibt es Dinge, die unser Dahinscheiden für diejenigen, die wir zurücklassen, leichter machen. Eines dieser Dinge ist, dass wir sicher stellen, ein islamisch korrektes Testament zu hinterlassen. Der Islam hat größten Wert sowohl auf die Erbrechte als auch auf ein Testament gelegt, daher gibt es überzeugende Beweise dafür, dass jeder gesunde erwachsene Muslim ein Testament haben sollte.
„Es ist die Pflicht eines Muslim, der etwas zu vererben hat, keine zwei Nächte verstreichen zu lassen, ohne ein Testament zu schreiben."[1]
„Ein Mann kann siebzig Jahre lang gute Taten verrichten, doch wenn er ungerecht handelt, wenn er sein Testament hinterlässt, wird die Schlechtigkeit seiner Tat ein Siegel auf ihm sein, und er wird in das Feuer eingehen. Wenn ein Mann (andererseits ) siebzig Jahre lang boshaft handelt, jedoch in seinem letzten Testament gerecht ist, wird die Güte seiner Tat ein Siegel auf ihm sein und er wird den Garten betreten."[2]
Das islamische Testament auf arabisch: al wasiyah ; ist eine Sammlung von Anweisungen, die nach dem Tod einer Person zu Tragen kommen. Nach dem Testament wird vorgegangen, wenn die Ausgaben für die Bestattung und andere ausstehende Schulden beglichen sind.
„… nach allen etwa von euch gemachten Vermächtnissen oder Schulden." (Quran 4:12)
Das islamische Gesetz gestattet einer Person bis zu 1/3 (ein Drittel) seines oder ihres Nachlasses, dem zu überlassen, den er oder sie wünscht, vorausgesetzt die Begünstigten gehören nicht zu denen, die von den verbleibenden 2/3 (zwei Dritteln) erben. Diejenigen, die einen Anspruch auf die letzten zwei Drittel des Nachlasses besitzen, werden im 4 Kapitel des Qur´an aufgezählt. Als einer der engen Gefährten des Propheten Muhammad an einer schweren Krankheit litt, fragte er, wie viel von seinem großen Besitz er als Schenkung hinterlassen sollte, denn er hatte nur eine Tochter, die nach dem islamischen Gesetz als Erbe in Frage kam. Der Prophet, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, sagte ein Drittel und erklärte: „Es ist besser, sie reich zu hinterlassen, als arm und bedürftig. "[3]
Man sollte seine Verpflichtungen ernst nehmen, und darüber nachdenken, wer von seinem oder ihrem Nachlass einen Nutzen haben könnte. Es ist vielleicht eine Gelegenheit, um einem armen Verwandten zu helfen, dem sonst kein Anteil zustünde, oder sogar etwas einer Person mit anderem Glauben zu hinterlassen, denn sie könnte nicht von den anderen zwei Dritteln des Nachlasses erben.
„Die Anhänger zweier unterschiedlicher Religionen können nicht von einander erben.’[4]
Heutzutage gibt es viele qualifizierte Leute, die dabei helfen können, ein Testament zu schreiben, das die islamischen Anforderungen erfüllt. In der Tat werden die islamischen Erbrechte gelobt und von vielen Einzelpersonen und Anwaltskanzleien und Akademikern auf der ganzen Welt kopiert. Beachte die Aussage eines führenden Professors der Britischen Universität Almaric Rumsey vom Kings College in London, England:
„Das muslimische Erbrecht umfasst ohne Frage das raffinierteste und aufwendigste Regelwerk für die Übertragung von Besitz, das in der westlichen Welt bekannt ist."
Wenn ein Nachlass nach diesem göttlichen System geteilt wird, das im Text des Qur´an und in den Überlieferungen des Propheten geschildert wird, ist das im Angesicht Gottes überaus lohnend. Abgesehen davon gibt es eine Menge überzeugender Gründe, warum jemand ein islamisch annehmbares Testament machen sollte. Erstens verleiht es der Person Seelenfrieden, wenn sie weiss, dass ihre Wünsche nach ihrem Tod ausgeführt werden. Es hilft oder vermeidet unnötige Streitereien, zu denen es manchmal nach dem Tod eines Menschen kommt.
Ein Testament ergibt auch einen finanziellen Sinn. Wenn jemand stirbt, ohne ein Testament gemacht zu haben, dann bedeutet das, dass der Nachlass nach den Gesetzen des Staates, in dem die Person lebte, verteilt wird. Das könnte der islamischen Art entsprechen oder aber nicht entsprechen, in Abhängigkeit davon, wo auf dieser Welt die Person lebte. Bedenke die Situation, möge Gott sie nicht eintreten lassen, dass ein verheiratetes Paar stirbt und kleine Kinder hinterlässt, wenn es dann kein Testament gibt, und somit auch kein Vormund bestimmt wurde, dann hat das Gericht einen überwältigenden Einfluss darauf, wohin diese Kinder kommen. Kein Testament bedeutet, dass die Leben solcher Kinder jetzt und im Jenseits in Gefahr sind, sollte die Vormundschaft jemandem zugesprochen werden, der islamisch nicht geeignet ist.
Ein islamisches Testament gibt einer Person die Gelegenheit, den weniger glücklichen zu helfen. Er oder sie kann sicher stellen, dass die Almosen, die sie während ihres Lebens erhalten haben, zur Zeit ihres Todes nicht verweigert werden. Ein Testament hilft nicht nur den Begünstigten, sondern es kann auch dem Verstorbenen helfen, der wünschen könnte, dass eine Versorgung als fortlaufendes Almosen weiter geht, eine Tat, die weiterhin belohnt wird, auch nach dem Tod. In Übereinstimmung mit dem Prinzip, dass ein Drittel des Nachlasses einer Person so verteilt werden darf, wie er oder sie es wünscht, sagte der Prophet Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm: „Gott war großzügig zu euch, als Er euch erlaubte, einen Drittel eures Besitzes (als Almosen) zu geben, wenn ihr sterbt, um eure guten Taten zu vermehren."[5]
„Wenn ein Mann stirbt, sind seine Taten beendet, außer dreien: ein fortlaufendes Almosen, Wissen, das anderen nutzt, oder fromme Nachkommen, die für ihn beten."[6]
Wie jedes legale Dokument sollte das islamische Testament durch Zeugen beglaubigt werden. Jemand, der ein Testament schreibt, sollte die Zeugen sorgfältig auswählen, und daran erinnert werden, dass eine Person von den Erben kein Zeuge sein darf. Wenn er oder sie Zeuge ist, wird er oder sie nicht erben können. Die ideale Situation ist, zwei vertrauenswürdige muslimische Männer auszuwählen, die das Testament unterzeichnen. Wenn dies allerdings nicht möglich ist, dann sollte zwei nicht-muslimische Männer als Zeugen genommen werden.
In den meisten Fällen ist es möglich, ein islamisches Testament allen Teilen der Welt gesetzlich anerkennen zu lassen. Islamische Testamente wurden sehr gelobt wegen ihrer Sorgfältigkeit und die Tatsache, das fast nie als unsicher betrachtet werden.
Im folgenden Artikel werden wir die Verse des Qur´an näher betrachten, welche die Gesetze des Erbrechts enthalten.
Islamisches Erbe und das Testament (teil 2 von 2): Wer sind die Erben?
Beschreibung: Die Qur´anverse, die die Erben beschreiben und eine Erinnerung an die Wichtigkeit, in unserem ganzen Leben Almosen zu geben, nicht nur an seinem Ende.
- von Aisha Stacey (© 2015 IslamReligion.com)
- Veröffentlicht am 04 May 2015
- Zuletzt verändert am 06 May 2015
- Gedruckt: 92
- Gesehen: 24,628
- Bewertet von: 0
- Emailed: 0
- Kommentiert am: 0
In diesem Artikel werden wir das Erbe untersuchen, besondere Aufmerksamkeit den Rechten und der Verantwortung schenken, die durch das islamische Gesetz definiert werden. Das Geld und das Vermögen, dass wir im Leben besitzen, ist etwas Anvertrautes von Gott, und es ist unsere Verantwortung, es selbst über unseren Tod hinaus, in Seinem Sinne zu verwenden, denn gewiss werden wir am Tag des Gerichts über unser Vermögen befragt und darüber, wie wir es ausgegeben haben.
Die beiden Füße des Sohnes Adams werden sich am Tag des Gerichts nicht vor seinen Herrn bewegen, bis er über fünf Dinge befragt wurde: über sein Leben, und wie er gelebt hat? Und über seine Jungend, und wie er sie verbracht hat? Und über sein Geld, und wie er es verdient hat? Und wofür er es ausgegeben hat? Und was er mit seinem Wissen angefangen hat?[1]
Im Islam könne die Erben des Nachlasses einer Person zweierlei Art sein. Es gibt festgelegte Erben mit festen Anteilen, das sind diejenigen, deren Anteil explizit im 4. Kapitel des Qur´an genannt sind (beispielsweise der Ehemann eine Hälfte oder ein Viertel in Abhängigkeit davon, ob Kinder da sind oder nicht) und es gibt die restlichen Erben, die das Gleichgewicht des Nachlasses erhalten, sobald die festgelegten Anteile berechnet wurden.
„Gott schreibt euch hinsichtlich eurer Kinder vor: Auf eines männlichen Geschlechts kommt (bei der Erbteilung) gleichviel wie auf zwei weiblichen Geschlechts. Sind es aber (nur) Frauen, mehr als zwei, sollen sie zwei Drittel der Hinterlassenschaft erhalten. Ist es nur eine, soll sie die Hälfte haben. Und jedes Elternteil soll den sechsten Teil der Hinterlassenschaft erhalten, wenn er (der Verstorbene) Kinder hat; hat er jedoch keine Kinder, und seine Eltern beerben ihn, steht seiner Mutter der dritte Teil zu. Und wenn er Brüder (oder Schwestern) hat, soll seine Mutter den sechsten Teil, nach Bezahlung eines etwa gemachten Vermächtnisses oder einer Schuld, erhalten. Eure Eltern und eure Kinder ihr wisset nicht, wer von beiden euch an Nutzen näher steht. (Dies ist) ein Gebot von Gott; wahrlich, Gott ist Allwissend, Allweise." (Quran 4:11)
Islamische Gelehrten haben verschiedene essentielle Anweisungen aus diesem Vers abgeleitet, die wichtigsten sind folgende:
·Schulden und Stiftungen sind vor der Aufteilung auf die Erbe vom Nachlass zu nehmen.
·Ein Sohn erhält das Doppelte von einer Tochter.
·Wenn der Verstorbene nur Töchter hinterlässt, erhalten sie nur zwei Drittel des Nachlasses, der gleichmäßig unter ihnen aufgeteilt wird. Das Übrige wird ihnen auch zurück gegeben, wenn es keine restlichen Erben gibt.
·Wenn den Verstorbene nur eine Tochter überlebt, erhält sie den Halben Nachlass. Das übrige wird ihnen auch zurück gegeben, wenn es keine restlichen Erben gibt.
·Wenn es Kinder gibt, erhalten die Eltern jeder ein Sechstel des Nachlasses
·Sollte es keine Kinder geben, und der Verstorbene hinterlässt Angehörige, (mütterlicher oder väterlicherseits), dann erhält die Mutter ein Sechstel.
·Sollte es keine Kinder und keine Angehörigen geben, dann erhält die Mutter ein Drittel des Nachlasses.
„Und ihr bekommt die Hälfte von dem, was eure Frauen hinterlassen, falls sie keine Kinder haben; haben sie aber Kinder, dann erhaltet ihr ein Viertel von ihrer Erbschaft, nach allen etwa von ihnen gemachten Vermächtnissen oder Schulden. Und ihnen steht ein Viertel von eurer Erbschaft zu, falls ihr keine Kinder habt; habt ihr aber Kinder, dann erhalten sie ein Achtel von eurer Erbschaft, nach allen etwa von euch gemachten Vermächtnissen oder Schulden. Und wenn es sich um einen Mann handelt oder eine Frau, dessen Erbschaft geteilt werden soll, und der weder Eltern noch Kinder, aber einen Bruder oder eine Schwester hat, dann erhalten diese je ein Sechstel. Sind aber mehr (Geschwister) vorhanden, dann sollen sie sich ein Drittel teilen, nach allen etwa gemachten Vermächtnissen oder Schulden, ohne Beeinträchtigung (dies ist) eine Vorschrift von Gott, und Gott ist Allwissend, Milde." (Quran 4: 12)
Wieder haben die islamischen Gelehrten zahlreiche Lehren aus diesem Vers gezogen:
·Wenn eine verheiratete Frau ohne Kinder stirbt, dann erhält der Ehemann die Hälfte ihres Nachlasses; hat sie Kinder, erhält er ein Viertel.
·Eine Ehefrau ist eine Frau, mit der der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war. Wenn er mehr als eine Frau gehabt hat (maximal vier) wird ihr Anteil gleichmäßig aufgeteilt. Der Anteil einer Frau am Nachlass ihres Ehemannes ist ein Viertel – wenn es keine Nachkommen gibt; wenn Nachkommen da sind, ist ihr Anteil ein Achtel.
·Die Anteile für Männer und Frauen desselben Ranges (Bruder und Schwester, Sohn und Tochter etc.) sind so, dass ein männlicher doppelt so viel erhält wie ein weibliches.
·Die mütterlichen Verwandten sind die einzige Ausnahme zu dem obigen Gesetz. Wenn es nur einen Verwandten mütterlicherseits gibt, erhält er oder sie ein Sechstel. Sind es zwei oder mehr, teilen sie sich ein Drittel.
Was immer offensichtlicher wird, wenn wir die islamischen Gesetze der Erbschaft studieren, ist, dass sie etwas komplex sind. Aus diesem Grund ist es ratsam, zum Erforschen und um Rat zu erhalten, jemanden zu fragen, der mit dem islamischen Erbrecht vertraut ist. Diese Komplexität dient auch dazu, uns zu erinnern, wie wichtig es ist, ein Testament zu schreiben. Wenn die Gesetze von Gott Selbst so ausdrücklich festgelegt wurden, wäre es nicht weise, den Umgang mit einem Nachlass jemandem zu überlassen, der mit den Wünschen des Verstorbenen oder mit den Gesetzen Gottes nicht vertraut ist.
Wenn wir schließlich ein Testament vorbereiten oder schreiben, dann sollten wir die Art und Weise des Propheten Muhammads, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, und seiner Gefährten berücksichtigen, wie sie mit ihrem Vermögen umgegangen sind.
Ein Mann kam zum Propheten und fragte: „Welches Almosen ist am höchsten in der Belohnung?" Er antwortete: „Das Almosen, das du gibst, wenn du gesund bist und wenn du Angst vor Armut hast und wenn du wünschst, wohlhabend zu werden. Schiebe es nicht auf, bis sich der Tod nähert, und dann sagst du: ‘Gib so-und-so-viel dem-und-dem und so-und-so-viel dem-und-dem.’"[2]
·Zögere es nicht hinaus, Almosen zu geben, bis du dich unwohl fühlst und fürchtest, dass sich der Tod nähern könnte. Denn dann beim Tod ist es zu spät, dann gehört dein Vermögen nicht mehr dir, es gehört deinen Erben.
·Euer Vermögen ist euers, damit ihr darüber verfügt, auf welche Art ihr wollt. Wenn es Menschen gibt oder Organisationen oder Wohlfahrtsverbände, die du unterstützen möchtest, kannst du dies jederzeit tun. Es gibt keinen Bedarf, damit bis zu deinem Tod oder zu deinem bevorstehenden Tod zu warten.
Fügen Sie einen Kommentar hinzu